Nils Classen (Mitte) ist als BFDler in der Caritas-Tagespflege St. Hildegard Lippstadt quasi „Mädchen für alles“. Die Rommée-Runde – (v.r.) Helga Gehnich, Doris Walter, Siegfried Altstädt und Hartmut Woggon – freut’s.
Es ist eine fröhliche Runde, die sich da jeden Freitag um 10 Uhr im "Stübchen" der Caritas-Tagespflege St. Hildegard Lippstadt versammelt. Vier Senioren spielen Rommee und mitten drin sitzt ein junger Mann. Nils Classen, der am 21. April seinen 20. Geburtstag feiert, ist ebenso ins Spiel vertieft wie seine Tischnachbarn. "Das war ja nun gar nichts mit diesen Karten", giftet er vergnügt und zeigt sein Blatt. "Das ist so, Junge", tröstet Hartmut Woggon. "Das kommt immer mal wieder vor."
Während der Arbeitszeit Rommee spielen, gehört für den jungen Geseker ebenso zum Alltag wie der wöchentliche Einkauf, die Kegelrunde am Nachmittag und der Abstecher in die Küche, wenn Hauswirtschafterin Sabine Durben schnelle Hilfe braucht. "Als BFDler ist man quasi Mädchen für alles", erklärt er lakonisch. "Ich bin total zufrieden mit meiner Entscheidung, zwischen Abitur und Studium ein Jahr als Bundesfreiwilligendienstler einzuschieben. Die Kollegen sind total nett und das generelle Arbeitsklima sehr angenehm. Und ich weiß jetzt, in welche Richtung es nach meiner Zeit hier weitergehen wird."
Vor fünf Jahren wurde der Zivildienst abgeschafft. Seitdem nutzen immer mehr junge Leute die Chance, als BFDler Klarheit über den künftigen Ausbildungsweg zu finden oder die Kompetenzen im sozialen Bereich zu erweitern. Nils Classen wusste von Anfang an, warum er bei Christian Fischer, Leiter der Tagespflege, seine Bewerbung eingereicht hat: "In meiner Freizeit unternehme ich beim TV Geseke und in der Kolpingjugend viel mit Kindern und Jugendlichen. Jetzt wollte ich mal was mit älteren Menschen zutun haben." Diese Entscheidung hat er nicht bereut. Der Kontakt zur Caritas war schnell hergestellt. Schließlich ist Bernd Müller von der Caritas-Sozialstation ein direkter Nachbar, Mutter Jutta Classen-Deimel arbeitet zudem bei der CSS Geseke. Nach dem Vorstellungsgespräch in der Tagespflege und einem "Schnupper-Vormittag" stand der Entschluss fest: "Ein Jahr bleibe ich hier." Seitdem ist er den Gästen ans Herz gewachsen. "Es ist schön, dass es diese jungen Leute, diese Bufdis gibt", freut sich Doris Walter. "Ohne zu schmeicheln, der Mann hat den richtigen Beruf. Nils ist Spitze."
Für Christian Fischer, der die Tagespflege St. Hildegard mit täglich bis zu 20 Gästen und 24 Mitarbeitern leitet, ist der Einsatz der Bundesfreiwilligendienstler ein Geschenk, das er nicht missen möchte. "Das ist eine große Hilfe für uns. Natürlich bleiben die pflegerischen Tätigkeiten in den Händen der Fachkräfte. Mit dem Einsatz eines BFDlers aber bleibt Zeit für Besonderheiten: die Kartenrunde z. B. oder der gemeinsame Gang auf den Markt, wenn Sabine Durben neue Hümmekes braucht."
Sind auch BFDler am Ende einer Arbeitswoche mit ihren 39 Stunden müde? "Natürlich", lacht Nils Classen. "Aber abends mit der Clique rausgehen, das klappt noch. Und wenn ich Samstagsvormittags Dienst habe, bekomme ich den Montag drauf frei." Jeder BFDler, die bei der Caritas Kreis Soest neben den Tagespflegen auch im Seniorenheim St.-Annen-Rosengarten Lippstadt und im Integrativen Heilpädagogischen Kindergarten in Hultrop arbeiten können - hat am Ende des Jahres erfahren, worauf es im Berufsleben ankommt. Dazu kommen vier bis fünf Pflichtseminare. "Das war gut", berichtet Nils Classen. "Beim Projektseminar in Hardehausen zum Beispiel haben wir innerhalb dieser Woche ein Street-Food-Festival organisiert. Von Montag bis Freitag waren da eine Gruppe Caritas-BFDler aus der Diözese Paderborn zusammen. Wir haben uns natürlich ausgetauscht: Und ich muss sagen, ich habe keinen Grund, mich zu beschweren.
Auf einen weitere Aspekt des sozialen Einsatzes, der im Gegensatz zum früheren Zivildienst jederzeit gekündigt werden kann, weist Christian Fischer hin: "Es ist für jeden jungen Menschen eine Supergelegenheit, sich auszuprobieren und soziale Kompetenzen zu erlangen. Und so eine soziale Komponente macht sich in jeder Bewerbung gut."
Christian Fischer, der Nils Classen zum Sommer verabschieden wird, kann mögliche Nachfolger beruhigen: "Berührungsängste muss man bei uns nicht haben. Unsere Tagesgäste sind so taff und wissbegierig, die sagen schon, wo’s lang geht."
Wo’s lang geht, weiß jetzt auch Nils Classen: "Im Moment sieht es nach einem Studium aus. Ich mache gern was mit Menschen, aber Altenpflege wird es wohl nicht. Wirtschaftliche Arbeitsfelder sind auf Dauer eher mein Ding."