Damals fühlte sich Tim Wimmer (28 Jahre) leer, irgendwie ausgebrannt, "wie in einem schwarzen Loch", erinnert er sich heute. Für vieles fehlte noch vor knapp zwei Jahren die Kraft. Doch als dann sein Sohn geboren wurde, gab sich der junge Mann einen Ruck. Hatte er bereits als ehrenamtlicher Helfer bei der TAFEL im Werler Caritas-Kaufhaus - kurz CaKau genannt - gearbeitet, ließ er sich im August vor einem Jahr als sogenannter Bufdi einstellen. Also als Bundesfreiwilliger. Diese Zeit diente ihm als Art Reha-Maßnahme, um zurück in den Job zu finden. Die Erfahrungen, die er in einem Jahr sammelte und in denen er sich für das Allgemeinwohl einsetzte, stärkten Tim ungemein. Während Medienberichten zufolge jeder Dritte Bufdi vorzeitig aus dem Dienst ausscheidet, will Tim diese Zeit nicht missen. "Ich habe auch dank der Unterstützung und der Geduld der Caritas-Mitarbeiter im Kaufhaus in meinem eigenen Tempo wieder in meinem Leben Fuß fassen können." Im August beginnt er jetzt sogar eine schulische Ausbildung zum Sozialassistenten.
Bis dahin ist noch eine Menge in der Lebensmittelausgabe der TAFEL im Kellergeschoss des Kaufhauses und im Bistro im Erdgeschoss zu tun. Tim ist mittendrin. Seit 7.30 Uhr ist er im Einsatz. Morgens geht es los mit Kaffeeaufbrühen, dann die Kontrolle, ob sämtliche Lebensmittel im Bistro aufgefüllt sind. Aber das ist natürlich die geringste Arbeit. Als Unterstützer der acht hauptamtlichen Caritas-Mitarbeiter hat Tim den Hut auf, welche Ehrenamtlichen diese Woche für den Dienst unten in der TAFEL eingeteilt werden. Er muss ggf. einspringen, um gespendete Lebensmittel von den Supermärkten abzuholen. Er organisiert die Betriebsabläufe der TAFEL-Warenausgabe ab 11 Uhr und schließlich, ab 12 Uhr, die Mahlzeitenausgabe im Bistro des Caritas Kaufhauses. Viele Bedürftige stehen dann schon Schlange, um ein warmes Essen für wenig Geld zu bekommen. Außerdem führt Tim die Hygienekontrolle der Waren durch und kontrolliert die Temperatur der Mittagessen.
Unterstützt und koordiniert werden Tim und die Ehrenamtlichen von Michael Geitmann. Er mag gar nicht daran denken, dass Tim im Sommer weggeht. "Tim hinterlässt bei uns eine große Lücke. Menschlich - als auch als engagierter Mitarbeiter." Daher sucht die Caritas schon jetzt Interessierte, die in seine Fußstapfen treten möchten. Langzeitarbeitslose, die sich wie Tim wieder im Erwerbsleben ausprobieren wollen; Frührentner, die eine sinnvolle Beschäftigung suchen; Studenten, die Wartesemester überbrücken wollen - egal ob volle oder halbe Stelle. Trotz eines eher bescheidenen Gehalts von ca. 350 Euro im Monat sind Bufdis sozial- und rentenversichert. Derzeit arbeiten übrigens 12 Bufdis für die Caritasverband für den Kreis Soest e.V. Ihre Einsatzgebiete reichen von der TAFEL über die Offenen Ganztagsschulen bis hin zur Tagespflege.
"Wer hier anfängt, der kann mal testen wie stressresistent er ist", lacht Tim - er ist es offenbar. Der Umgang mit Menschen unterschiedlichster Herkunft fordert Geduld. Nicht alle, die sich zum Beispiel an der TAFEL die Nahrungsmittel zu kleinen Preisen abholen, sprechen deutsch. Und viele sind nicht immer "freundlich", weil sich in ihnen viel Ärger durch einen sorgenvollen Alltag aufgestaut hat. Hinzu kommt der Zeitdruck, denn über 300 Menschen in fünf Tagen möchten ohne lange Wartezeiten Tüten mit Gemüse, Obst, Brot und Reis mit nach Hause nehmen. Doch trotz alledem - "die Arbeit macht echt Spaß, man bekommt einen ganz anderen Blick auf die Gesellschaft, sieht Menschen viel differenzierter, lernt viel über ihre Geschichten, ihr Leben , das ist ungemein bereichernd - man nimmt sich selbst irgendwann auch nicht mehr so wichtig oder besser, kann eigene Probleme und Sorgen in einem ganz anderen Licht sehen", resümiert der 28-Jährige.
Nicht zuletzt haben Tim dabei die Schulungen vom Erzbistum Paderborn geholfen, zu denen die Caritas ihre Bufdis schickt. Neben einem Kommunikationstraining gibt es Lehrgänge in Konflikt- und Zeitmanagement, obendrein sind auch Kurse im Projektmanagement drin. Gegen 15 Uhr endet Tims Dienst. Alles aufräumen, Lebensmittel in den Kühlschränken verstauen, den Kassenabschluss machen. Tim sieht müde aber zufrieden aus. Ob er das CaKau vermissen wird? "Ich glaube, ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich freue mich auf das Neue. Aber der Kontakt mit den Mitarbeitern hier und auch den Kunden hat mir viel gegeben. Und: Für meine eigene Persönlichkeit hat der Job hier jedenfalls eine Menge gebracht!"
Wer sich für die Stelle als Bufdi interessiert, nimmt Kontakt zu Michael Geitmann auf: Caritas Kaufhaus, Siederstraße 9 in 59457 Werl, Tel.: 02922 80398714 ; E-Mail: geitmann@caritas-soest.de