Kein Grund zum Feiern: Geseker Tafel wurde 2020 zehn Jahre alt
Auch Willi Pieper, der neben der Geseker Tafel auch die Lippstädter Tafel leitet, hätte den runden Geburtstag lieber nicht begangen. entgegen. Da er die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen jedoch nicht ändern kann, fokussiert er sich lieber auf die Hilfe, die sein engagiertes Team aus Ehrenamtlichen Woche für Woche anbietet.
„Die Tafel ist in Geseke fest verwurzelt“, erklärt Willi Pieper. „Wir sind froh und dankbar, dass wir so viel Unterstützung durch Firmen und Unternehmen aber auch Privatpersonen erhalten.“ Auch die Kirchengemeinden und die Stadt Geseke ziehen mit am gleichen Strang. Die Hilfsbereitschaft ist groß, der Bedarf allerdings auch. Die Einrichtung zählt zu den kleineren Tafeln in NRW, aber die Kundenzahl steigt nach vielen stabilen Jahren leider sogar an.
Der Kundenkreis ist vielschichtig: Flüchtlinge und Asylsuchende, Senioren mit Mini-Rente, Leute in Grundsicherung oder auch einfach Menschen mit geringem Einkommen. Denn auch wer Arbeit hat, kommt nicht immer gut über die Runden. Allerdings muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden. Ein großes Plus der Geseker Tafel: es geht dort familiär zu. Und das Konzept hat sich bewährt. „Bei uns ist das eher wie in einem Tante-Emma-Laden. Dadurch fühlen sich die Menschen eher angesprochen“, weiß Willi Pieper
Für ihr Engagement erhalten die Ehrenamtlichen aus dem Verkauf viel positive Resonanz. Über Lob und Dankbarkeit freuen sich die Tafel-Helfer sehr. Aber auch das gute Gefühl, Menschen zu helfen, die Hilfe gut gebrauchen können, ist eine starke Motivation. Und dann wäre da noch der Nachhaltigkeitsgedanke. Die meisten sehen ihr Tafel-Engagement als einen bescheidenen Beitrag, wertschätzender mit Nahrungsmitteln umzugehen. „Es gibt ein gutes Gefühl, wenn man noch gute Lebensmittel vor der Tonne retten und sie Bedürftigen in unserer Gesellschaft zugänglich machen kann", weiß Willi Pieper.
Der Leiter der Tafel kennt viele Schicksale: Da wäre zum Beispiel die alte Dame mit 850 Euro Rente. „Ich zahle doch schon allein 400 Euro Miete. Da bleibt doch nichts übrig. Und jetzt muss ich hierhin kommen“, hatte sie Willi Pieper traurig erzählt. Der jedoch antwortete: „Sei doch froh, dass Du hier hinkommen kannst. Mit diesen Sachen kann man doch gut über die Runden kommen.“ Und auch zur Problematik der Altersarmut hat Willi Pieper eine klare Meinung: „Das ist doch nicht Dein Problem. Da kannst Du doch nichts zu. Du hast 45 Jahre gearbeitet. Mehr geht doch nicht. Selbst wenn Du jetzt noch fünf Jahre arbeiten würdest. Das würde Dich doch auch nicht retten.“
In solchen und ähnlichen Fällen helfen die Tafeln in Deutschland, Not zu lindern. Die Preise für Nahrungsmittel sind selbst im Vergleich zum Discounter extrem günstig. Rund zehn Prozent des normalen Verkaufspreises müssen die Kunden in der Geseker Tafel bezahlen. Und dafür gibt es einen guten Grund. „Wir wollen nicht, dass Kunden bei uns Waren im Überfluss kaufen. Nahrungsmittel haben einen Wert. Auch das wollen wir abbilden. Aber einige Artikel verschenken wir auch“, erklärt Willi Pieper.
Übrigens gilt das Prinzip: was weg ist, ist weg. Anders als im Supermarkt werden bei der Tafel die Regale nicht ständig wieder aufgefüllt. Und eingekauft wird schön der Reihe nach – die jedes Mal neu ausgelost wird. Bevor die Geseker Tafel ihre Türen öffnet, müssen alle Einkaufsberechtigten eine Nummer ziehen – und dann warten, bis diese aufgerufen wird. Schöner Einkaufen sieht anders aus, aber manchmal ist Sattwerden einfach wichtiger.